„Die Reifezeit ist durch einen Zustand der Erwartung gekennzeichnet, durch die Bevorzugung von schöpferischen Arbeiten und durch das Bedürfnis, das Selbstvertrauen zu stärken.“

Maria Montessori

Jugendalter – die 12- bis 15-Jährigen

Die Jugendlichen im Alter von 12 bis 15 Jahren befinden sich im Übergang von der Mentalität des Kindes, das innerhalb der Familie lebt, zur Mentalität des Erwachsenen, der in der Gesellschaft lebt. Das ist naturgemäß eine schwierige Umbruchphase.

Die Pubertät ist die Zeit der großen Umwandlung oder auch „Wiedergeburt“, in der das Individuum zum sozialen Menschen wird. Als Entwicklungsaufgabe steht also im Vordergrund, ein Gefühl für die Gesellschaft zu entwickeln und den eigenen Platz darin zu finden. Zu keiner anderen Zeit seines Lebens ist der Mensch so stark mit moralischen Werten und Fragen beschäftigt.

Gleichzeitig setzt ein vehementes körperliches Wachstum mit seinen psychischen Komponenten ein. In dieser Zeit stehen für den Jugendlichen soziale Prozesse im Mittelpunkt und es fällt ihm schwer, sich auf das Lernen zu konzentrieren. Praktische, sinnvolle, nützliche Tätigkeiten, in denen er sich selbst erfahren kann, entsprechen viel eher seinen Entwicklungsbedürfnissen.

Erfahrungsschule

Die Erfahrungsschule des sozialen Lebens ist in der Montessori-Pädagogik der Rahmen für die Entwicklungsphase Jugendzeit.

Maria Montessori kritisiert eine Schulwirklichkeit, die das Lernen und Leben im Minutentakt regelt und der der Jugendliche daher mit Rebellion begegnet oder mit einer Anpassung, die ihn entscheidungsunfähig und unmündig bleiben lässt. Dieser Schule stellt sie in ihren theoretischen Schriften die „Erfahrungsschule des sozialen Lebens“ entgegen, in der es den Jugendlichen ermöglicht werden soll, mit eigener Arbeit Geld zu verdienen und eine gewisse Unabhängigkeit zu erreichen.

Montessori stellt sich eine „Erdkinderschule“ vor – fern von der gewohnten Umgebung, auf dem Land, in der Schüler in der Gemeinschaft soziale und in der Arbeit am Land praktische und kulturelle Erfahrungen sammeln sollen. Dadurch erfahren sie den Wert dieser praktischen Arbeit und erkennen gleichzeitig ihre eigenen Talente. Die Jugendlichen sollen eine Gesellschaft im Kleinen erleben, in der sie Aufgaben wie Bewirtschaftung von Feld, Garten, Bewirtung inklusive Kalkulation, Beschaffung usw. verantwortlich übernehmen.

Eine solche Schule können wir im städtischen Raum noch nicht entwickeln, wir versuchen jedoch den grundlegenden Bedürfnissen in unserer Sekundarstufe Rechnung zu tragen. So setzen wir den Anteil der praktischen, selbsttätigen Arbeiten möglichst hoch an und lassen die Schüler*innen schon früh ausführliche Erfahrungen mit der Arbeitswelt machen.

Im Vordergrund steht in der Reifezeit nicht die Fülle des Lernstoffes, sondern die Persönlichkeitsentwicklung der Jugendlichen. Sie drängen immer stärker nach Selbstständigkeit und Mündigkeit und entwickeln zunehmend die Fähigkeit zum verantwortlichen Umgang mit Freiheit. Dem wird Rechnung getragen, indem wir vermehrt Verantwortung übertragen, für das eigene Lernen wie auch für die Mitgestaltung des gemeinsamen Lebens. In der Entscheidung der Schüler*innen für ihre/seine Arbeit und der selbstverantwortlichen und zunehmend anspruchsvollen Auseinandersetzung mit der Sache formt sich ein junger Erwachsener, der selbstbewusst, entscheidungs- und demokratiefähig wird.